Der künstlerisch gestaltete Wandteppich gehört schon seit den frühen Hochkulturen zur repräsentativen Ausstattung fürstlicher Höfe und kirchlicher Institutionen. Ab dem 19. Jh. haben sich auch Architekten wie Gottfried Semper, Adolf Loos und Le Corbusier mit dem Wandteppich im architektonischen Kontext auseinandergesetzt. Nur wenigen bekannt ist die ganz eigene Geschichte des Bildteppichs in der DDR mit Motiven aus dem politischen Leben, Sportereignissen und dem Arbeitsalltag der Deutschen Demokratischen Republik.
Bemerkenswert ist auch die Entdeckungsgeschichte dieser Kulturschätze. Die Bildteppiche lagen unter dem Dach der von Carpet Concept nach der Wende weitergeführten Webfabrik Münchenbernsdorf in der DDR und wurden erst vor kurzem von Thomas Trenkamp, Geschäftsführender Gesellschafter von Carpet Concept, entdeckt und jetzt zum ersten Mal der Öffentlichkeit vorgestellt. Die 32 gezeigten Wandteppiche geben nicht nur einen Einblick in die Propaganda der DDR, sie machen auch die hohe Kunstfertigkeit und webtechnische Qualität deutlich.
Politische Aussage und handwerkliche Kunst am Beispiel der Wandteppiche aus der DDR sind Thema der Ausstellung, die Szenen aus dem politischen Leben wie dem Berufsalltag der Arbeiterklasse zeigen ebenso wie wichtige Sportveranstaltungen und die Heroen der DDR.
Professor Wieland Poser aus Halle an der Saale, der als junger Mann selbst in dieser Webfabrik gearbeitet hat und dem Unternehmen bis heute verbunden ist schreibt im Katalog zu dieser Ausstellung:
Vor allem ab den 50iger Jahren wurden Bildteppiche von der SED dazu genutzt, sich bei von ihr initiierten Veranstaltungen wie Sportfesten, Parteitagen, FDGB Kongressen oder zentralen Veranstaltungen der FDJ huldigen zu lassen. Dabei wurde erwartet, dass die jeweiligen Motive der Bildteppiche wie Embleme, Portraits von politischen Größen von Lenin bis Pieck aber auch Bauten aus der DDR Zeit wie der Fernsehturm in Berlin, in ihrer grafischen Gestaltung Leistungen, Fortschritte und Errungenschaften der DDR zum Ausdruck brachten. Noch 1987, kurz vor dem Ende der DDR, entstand der Bildteppich zum 20. Kongress der Jugendorganisation der KPdSU.
Zur Geschichte von Carpet Concept:
Als führendes Unternehmen für die Entwicklung innovativer, textiler Oberflächen wurde die Carpet Concept Objekt Teppichboden GmbH 1993 von Thomas Trenkamp in Bielefeld gegründet. Nach der deutschen Wiedervereinigung entdeckte der Rheinländer und langjährige Fachmann für Objekt-Teppichböden die Weberei in der thüringischen Stadt Münchenbernsdorf. Die Fabrik hatte bereits eine lange Tradition in der Herstellung von Textilien in der DDR und wurde nach der Wende mit der Fortführung der Webfabrik durch Carpet Concept zum Zentrum der Produktentwicklung des Unternehmens. In dem sensibel sanierten Backsteinbau aus den 1930er-Jahren kommt neben modernster Webtechnik auch traditionelles Handwerk zum Einsatz.
Die Bildteppiche waren - alle Auftragsarbeiten der SED - als Ehrengeschenke bei nahezu allen politischen Feiern, Propagandaveranstaltungen und Sportveranstaltungen sehr gefragt und wurden durch die politische Agenda der DDR bestimmt.
Will man sich der Geschichte der vorgestellten Teppiche nähern, ist es sinnvoll auf die Geschichte von Wandteppichen zurückzukommen. Der Wandteppich ist, nach Auffassung Gottfried Sempers, eng mit der Architektur verbunden. Bereits in seinen frühen Schriften liegt für ihn der Ursprung der Architektur im Textilen: „ ... im Weben und Flechten, in der leichten und meist reich verzierten Zeltarchitektur der Nomaden.“Auch Adolf Loos betont in seiner Abhandlung „Das Prinzip der Bekleidung“ von 1898 die Bedeutung des Wandteppichs im architektonischen Kontext. Für Loos entwickelt sich der „bauliche Gedanke sowohl in der Menschheit als auch im Individuum aus dem Bedürfnis nach Schutz vor den Unbilden des Wetters.“ Das reicht von der Bekleidung, der wärmenden Decke, dem Wandteppich im Zelt bis zum gebauten Raum. Fast zwei Jahrzehnte später widmet sich auch Le Corbusier diesem Thema, wenn er schreibt: „Wir sind Nomaden, die in Mietwohnungen hausen; wir wechseln diese Wohnungen; die Wand aus Wolle, die Tapisserie, lässt sich abnehmen, aufrollen, irgendwo wieder aufhängen.“
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts diente der Wandteppich in Deutschland weniger dem Schutz vor den Unbilden der Natur, sondern vielmehr - kunstvoll gewirkt - zur Zurschaustellung von Macht, in der Regel politischer Macht. So spielte der Bildwandteppich mit ideologisch bestimmten Motiven bereits in der NS Zeit als Propagandamaterial eine große Rolle.
Wenige Jahrzehnte später wurde dem Wandteppich in der Geschichte der Deutschen Demokratischen Republik, eine ähnliche Aufgabe zugeschrieben und als „sozialistische Volkskunst“ vereinnahmt.
Sponsoren
Eine Ausstellung in Zusammenarbeit mit:
carpetconcept