Chestnutt_Niess Architekten, Berlin
Die Geschichte der Luft ist kein neues Thema. Gerade in Berlin, wo seit über zwei Jahrzehnten unter dem Schlachtruf der Kritischen Rekonstruktion gewesene Orte zurückgebaut werden. Freilich brachte die Orientierung an historischen Baufluchten und Traufhöhen, Fassadenrastern und Raumfiguren kaum mehr als Schutzschilder zwischen Vergangenheit und Gegenwart hervor.
Anders bei den Architekten Chestnutt_Niess. Seit Ende der achtzigerJahre bereichern die Amerikaner die ortstypische Debatte. Sie fixieren sich nicht auf die jenseitge Form von Stadträumen, sondern bringen ihre Vergangenheit mit modernen Mitteln zum Sprechen und bereichern ihn um Qualitäten, mit denen sie auch in Zukunft bestehen können. Der Leerraum wird zum Lehrraum. Die Geschichte der Luft wird lesbar und - was noch wichtiger ist - sie wird fortgeschrieben.
Im Zentrum der Ausstellung mit dem amerikanisch / deutschen Architekturbüro Chestnutt_Niess stehen drei bereits fertiggestellte Projekte. Sie sollen belegen, daß diese Strategie selbst an Orten funktioniert, die gemeinhin gar nicht als solche wahrgenommen werden.
Mit der Bibliothek am Luisenbad rüsteten Rebecca Chestnutt und Robert Niess einen verwüsteten und vergessenen Hinterhof zum kulturellen Kraftfeld des Weddings hoch. Zugleich dokumentieren die Baumaßnahmen Aufstieg und Abriß des Gesundbrunnens.
Mit dem Amtsgericht in Bad Liebenwerda verleihen Sie einer Bauaufgabe einen so souveränen Auftritt, wie er zuletzt vor hundert Jahren gelang. Durch den Neubau verwandelt sich die desolate Straßenaufweitung einer Ansiedlung in der Provinz zu einem Kaleidoskop, das ihren wechselvollen Werdegang seit dem Mittelalter offenbart.
Am Bahnhof Alexanderplatz brachten Chestnutt_Niess nicht nur die Schichten seiner hundertjährigen Geschichte zum Erscheinen. Sie erschlossen das Verkehrsbauwerk auch für ein gar nicht reisewilliges Publikum, das den wichtigsten Umsteigepunkt Berlins näher denn je an seinen Mythos bringt. Voraussichtlich können wir erstmals den Entwurf zum Umbau dieser unterirdischen Station präsentieren. Er beweist, daß die Berliner Verkehrsbetriebe der Bedeutung ihrer Bauten sowohl für die Denkmalpflege wie für den Kunden gerecht werden könnten.
Pläne, Zeichnungen, Texte und Modelle illustrieren die Projekte sowie die Arbeitsmethode der Architekten Chestnutt_Niess.
Zur Ausstellungseröffnung sprechen:
Kristin Feireiss Berlin/Rotterdam
Dr. Manfred Sack Journalist, Hamburg
Hans Wolfgang Hoffmann Journalist, Berlin
Begleitend erscheint ein Aedes-Katalog (DM 20.-)