Atelier Bow-Wow sind vor allem bekannt für ihre kleinen Hausentwürfe, die sich eng in das dichte Gewebe Tokios schmiegen. Neben Arbeiten dieser Art befasst sich das Büro jedoch ebenso mit dem Stadtraum und öffentlichen Räumen als solchen.
Erster Ausgangspunkt hierfür waren zwei Publikationen zum Thema Stadtforschung: „Made in Tokyo“ untersuchte den vielgestaltigen Architekturmix des Tokioter Stadtraumes, das „Pet Architecture Guidebook“ präsentierte sich als typologische Studie über extrem kleine Gebäude, in denen sich der Umgang mit Räumen im urbanen Transformationsprozess veranschaulicht.
Ihre Auseinandersetzung mit dem öffentlichen Raum vertieften Atelier Bow-Wow anhand von sozialen Experimenten, die sie im Rahmen internationaler Kunstbiennalen an unterschiedlichen Orten der Welt durchführten. In diesen Projekten wurden die Beziehungen zwischen dem Verhalten von Menschen und ihrer Umwelt, die Beschaffenheiten jeweiliger Alltagsumgebungen, in Augenschein genommen und sodann in Einzelbestandteile aufgelöst, um auf dem Wege der Partizipation zu einer von jedem Beteiligten zu machenden gemeinsamen Erfahrung zu gelangen. Es entstehen, zeitlich begrenzt, intime städtische Begegnungsorte, die Atelier Bow-Wow als „Micro Public Space“ bezeichnen.
Für eine dritte Ebene stehen drei größere Projekte im öffentlichen Raum, die Atelier Bow-Wow in jüngerer Zeit umgesetzt haben: der Miyashita Park, das Kitamoto KAO Project und das BMW Guggenheim Lab.
Miyashita Park: In Zusammenarbeit mit Nike Japan und der Stadt Tokio übernahmen Atelier Bow-Wow die Neugestaltung eines alten Parkgeländes, das vor 50 Jahren in Shibuya, einer der heute kommerziellsten Gegenden der Stadt, auf einem Autoparkhaus angelegt worden war. Um die Aufenthaltsqualität zu verbessern und den Park für neue Nutzer attraktiv zu machen, wurden unter anderem Sportanlagen wie ein Skateboard-Park oder eine Kletterwand geschaffen. So entstand, von städtischer und privatwirtschaftlicher Seite initiiert und von letzterer auch finanziell unterstützt, ein neuer Nutzungsrahmen für den öffentlichen Raum. Zugleich setzte das Projekt diverse Diskussionen in Gang, etwa zur Frage des Umgangs mit Obdachlosen, für die der Park seit langem Lebensmittelpunkt war.
Kitamoto KAO Project: Hier ging es nicht allein um die Gestaltung eines neuen Bahnhofsvorplatzes, sondern auch darum, die Rolle der Stadtverwaltung stärker in den allgemeinen Fokus zu rücken und eine bestehende Einkaufsstraße wieder stärker zu beleben – um gewappnet zu sein für die Veränderungen des städtischen Lebens, die eine immer älter werdende Gesellschaft in einer für den Großraum Tokio typischen Stadt mit sich bringt. Seit mittlerweile fünf Jahren arbeiten Atelier Bow-Wow an dem Projekt, dessen wichtigste Maßnahme in der Verringerung der asphaltierten Verkehrsfläche zugunsten von Grünflächen für Fußgänger bestand. Eine zwischenzeitlich gebildete Arbeitsgemeinschaft beriet über Nutzungsformen für den neu entstehenden öffentlichen Raum; die Klientel, die den Raum nutzen und beleben wird, wurde angesprochen und in die Planungen einbezogen; und es wurde über verschiedene Arten von Veranstaltungen wie einen Gemüsemarkt oder einen Handwerksmarkt nachgedacht, die zur großen Eröffnung stattfinden sollen.
Bereits dieses Zusammenkommen an sich, der Austausch von professionellen Stadtgestaltern (Behörden, Ingenieure, Architekten) und Menschen, die das Projekt letztlich betrifft, steht für eine neue Art von Öffentlichkeit.
Das vom Atelier Bow-Wow als temporäre Struktur entworfene BMW Guggenheim Lab versteht sich als betont experimenteller öffentlicher Raum, der für die unterschiedlichsten von den Guggenheim-Kuratoren initiierten Veranstaltungsformen einsetzbar ist. Dem Prinzip des Schnürbodens im Theater folgend, lässt sich die Architektur beliebig an unterschiedlichste Nutzungen anpassen und etwa in ein Atelier, einen Vortragsraum, eine Ausstellungshalle, ein Kino oder einen Veranstaltungssaal umwandeln. Bestuhlung, Beleuchtung und Podeste sind im oberen Bereich aufgehängt und können je nach Veranstaltungsbedarf herabgelassen werden. Die äußere Gestalt des Labs bestimmt sich weniger durch die sehr leichte, minimalistische Konstruktion als durch das jeweils laufende Programm und dessen Teilnehmer. Zumal an unterschiedlichen Orten, kann das Lab immer wieder anders aussehen. Nach seiner ersten Station in New York wird das Lab in Berlin aufgebaut, anschließend geht es weiter nach Indien.
Die Ausstellung „In the State of Spatial Practice - Public Space by Atelier Bow-Wow“ stellt anhand der genannten drei Projekte die praktische und theoretische Auseinandersetzung des Atelier Bow-Wow mit dem öffentlichen Raum vor und findet parallel zum Aufenthalt des BMW Guggenheim Lab in Berlin am Pfefferberg von 15. Juni bis 29. Juli 2012 statt, das in Zusammenarbeit mit ANCB The Metropolitan Laboratory präsentiert wird.
Katalog
Zur Ausstellung ist ein Aedes Katalog erschienen.
Mit einem Text von Ulf Meyer.
ISBN 978-3-943615-03-6
englisch
Preis € 10,-
Sponsoren
BMW Guggenheim Lab, Japan Foundation, Nüssli, CarboFibretec, carpetconcept, Zumtobel, Busch-Jaeger, AXOR Hansgrohe
Diese Ausstellung wurde ermöglicht mit der großzügigen Unterstützung von: