Der niederländische, seit 1988 in Berlin beheimatete Fotograf Erik-Jan Ouwerkerk nimmt uns mit in die Städte des 21. Jahrhunderts. Die Ausstellung UNITED CITY, Stadtbilder von Caracas bis Shanghai präsentiert im Studio des Achitekturforums Aedes am Pfefferberg eine Auswahl seiner faszinierender Schwarzweiß- und Farbfotos, die seine ironische sozialkritische Sicht auf die globalen Verbindungen zeigen. Mit einem spezifischen Blick auf die urbanen Lebenswelten portraitiert Erik-Jan Ouwerkerk den Alltag, die Menschen und die Architektur. Seine lebendigen Fotos erzählen uns detaillierte Geschichten der gebauten Umwelt aus aller Welt.
Im Hochsommer 1988 erscheinen in der Bauwelt ein kurzer Text und vier schwarz-weiß Aufnahmen zu James Stirling Wissenschaftszentrum in Berlin. Die Fotos stammen von Erik-Jan Ouwerkerk, der kurz zuvor von Den Haag nach Berlin übersiedelt war. Seitdem arbeitet er, etwas altmodisch im Duktus der 80er formuliert, „über Architektur und Stadt als Lebensraum“, für Tageszeitungen, Magazine, Architekturbücher. Auch Bauwelt-Leser kennen ihn in verschiedenen Rollen: Als nahezu klassischen Architekturfotografen, der die ihm aufgegebenen Objekte allerdings subjektiv aufnimmt, wie das Tanztheater in Den Haag oder das Bürohaus am Checkpoint Charlie, beide von Rem Koolhaas. Als ironischen Chronisten und manchmal fassungslosen Gast outrierter Architekturevents wie der EXPO in Hannover, der MIPIM in Cannes oder der Architekturbiennale in Venedig. Und sogar als Studiofotografen bei vielen der Serien für die Abonnentenwerbung, die er mitgedacht und zu Ende gedacht hat.
Kein anderer zeitgenössischer Fotograf, ich wage zu sagen auf der ganzen Welt, hat ein so umfangreiches Werk fotografischer Stadtreportagen vorzuweisen. Die meisten der Bilder sind in den letzten zehn Jahren entstanden als Teil der Stadtporträts, die in der Bauwelt veröffentlicht wurden. Die einzelnen Serien sind so unterschiedlich wie die Städte selbst, doch die moralische Haltung und eine wiedererkennbare Arbeitsweise machen sie unverwechselbar zu Arbeiten von Erik-Jan Ouwerkerk. In seinen Stadtbildern verknotet er Vorstellung und Entdeckung, er durchdenkt seine Motive, komponiert sie aber nicht im Voraus; er hält mit der Kamera fest, was im Augenblick geschieht, und treibt dabei sogar manchmal die allfälligen Klischees auf die Spitze. Seine Arbeiten sind als Illustration kaum tauglich, denn ob vereinzelt oder eingebunden in die Serie, sie sind Erzählungen, empfundene Eigenschaftsbilder der Stadt, in denen das Unsichtbare, wenn man so will, das Politische, sichtbar wird: Gewalt, Masse, Tempo, Herrschaft. Sie sind deshalb ausgesprochen realistische Bilder der Stadt, ein klein wenig mehr, als das was man sieht, und ein klein wenig mehr, als das was man weiß.
Felix Zwoch