Im Februar 2022 finden in China die 24. Olympischen Winterspiele statt. Die Austragung der verschiedenen Sportarten wurde auf drei Standorte verteilt; Peking, Yanqing und Zhangjiakou, die 80 und 100 km nordwestlich der Hauptstadt liegen. In Peking konnte weitgehend auf die bestehenden Sportstätten der Olympischen Sommerspiele von 2008 zurückgegriffen werden. Den einzigen Neubau, die Anlage Big Air Shougang für Free-Style-Skiing und Snowboarding im Shougang Industriepark, entwarf das Architekturbüro TeamMinus an der Tsinghua Universität in Beijing unter der Leitung des Architekten Zhang Li. Big Air Shougang liegt im ehemals größten Stahlwerk der Region am westlichen Stadtrand. Hier werden die Olympischen Spiele genutzt, um die gigantischen Industrierelikte nachhaltig für neue Funktionen zukunftsfähig umzugestalten.
Die Ausstellung stellt die Sprungbahn der Big Air Shougang in den Mittelpunkt und animiert die Besucher:innen, durch ein interaktives Spiel ergonomisch mit der Sportanlage zu kommunizieren. Zur Illustration der architektonischen Haltung von TeamMinus werden in der Ausstellung drei weitere Projekte vorgestellt, in denen Bewegung eine wichtige, konzeptionelle Rolle spielt: Das Jianamani Visitor Centre in der Provinz Qinghai, das unterirdische Kulturzentrum Piazza and Art Space Gujiaying Village in Yanqing und das Aranya Ideas Camp and Community Centre in Qinhuangdao. Für das Big Air Shougang Transformationsprojekt mit der Anlage für Free-Style-Skiing und Snowboarding erhielt TeamMinus den IUPA International Urban Project Award 2021, verliehen von der Bauwelt, Berlin und WA World Architecture, Peking. Das Jianamani Visitor Centre wurde bereits 2017 mit dem Zumtobel Group Award – Innovations for Sustainability and Humanity in the Built Environment ausgezeichnet.
„Big Air Shougang“ im Shougang Industriepark Peking © Bu Lei
Die Transformation des Shougang Industrieparks
Inspiriert von der Darstellung der buddhistischen Apsaras in Dunhuang – den Nymphen der griechischen und römischen Mythologie vergleichbare Frauengestalten – entwarf das Büro TeamMinus die Anlage Big Air Shougang mit eleganten Schwüngen am Rande des früher für Kühlwasser genutzten Qunming Sees neben den erhaltenen Kühltürmen des Stahlwerkes. Die immer fliegend in windigen Höhen dargestellten Apsaras mit ihren wehenden Schals bilden die Analogie zu den Flugfiguren der Athlet:innen im Wettkampf. Die spektakuläre Szenerie der industriellen Relikte in Kombination mit neugestalteten öffentlichen Räumen, die eine Parklandschaft mit dem naheliegenden Fluss verbinden, bietet den Hintergrund für die Sportveranstaltungen und wird den Bewohner:innen und Besucher:innen Pekings auch über die Olympischen Spiele hinaus als Freiraum erhalten bleiben. Neben der neuen freistehenden Schanzenanlage renovierte TeamMinus die ehemalige Oxygen Factory, die direkt für die Spiele genutzt und später zusammen mit anderen Bauten Start-ups zur Verfügung gestellt wird. Die Transformation des ehemals gigantischen Stahlwerkes in eine Parklandschaft mit Arbeits- und Produktionsflächen für eine nachhaltige Wirtschaft zeigt die Ambitionen, die mit diesem Projekt verbunden sind.
Die Besonderheit der Ausstellung
Die Ausstellung stellt die Sprungbahn Big Air Shougang in den Mittelpunkt und animiert die Besucher:innen spielerisch, an zwei „Startplätzen“ die optimale Körperhaltung der Sportler:innen nachzustellen und mit Hilfe von Schablonen die beste Pose für elegante Schwünge und Sprünge zu finden. Durch eine Kamera aufgenommen werden die Besucher:innen zu Skiläufer:innen als Teil der projizierten Animation. Die Schanze wird nur durch die optimale Körperhaltung nutzbar, der Mensch muss also ergonomisch mit dem Bau kommunizieren. Dieses interaktive Element wird durch Pläne und Fotos von Big Air Shougang ergänzt.
Die Projekte
Zur Illustration der architektonischen Haltung von TeamMinus werden in der Ausstellung drei weitere Projekte vorgestellt, in denen spielerische Bewegungsräume die Konzeption der Architektur ebenfalls entscheidend prägen:
Das Jianamani Visitor Centre in der Provinz Qinghai ist ein Kulturzentrum für die lokale tibetische Bevölkerung und die Besucher:innen, das von der öffentlich zugänglichen Dachplattform die bedeutenden historischen und religiösen Orte der lokalen Kultur erschließt.
„Jianamani Visitor Centre“ in Qinghai © Bu Lei
Das unterirdische Kulturzentrum im Piazza and Art Space Gujiaying Village in Yanqing (wo ebenfalls ein Teil der olympischen Winterspiele ausgetragen wird), wurde 2019 für die Beijing International Horticultural Exhibition gebaut. Das Dach ist ein ebenerdiger öffentlicher Raum, dessen Ecken aufgebogen sind und der natürlichen Belichtung des darunter liegenden Kulturzentrums dienen. Mit einer geschwungenen, abgehängten Rampe führen Zhang Li und sein Team die Nutzer:innen und Besucher:innen ins Innere und greifen die Bewegung der gekrümmten Dachflächen auf.
„Piazza and Art Space Gujiaying Village“ in Yanqing © Bu Lei
Das Aranya Ideas Camp and Community Centre in Qinhuangdao an der Küste der Provinz Shandong verbindet das Dach über langgestreckte Rampen mit den Innenräumen. Die von einer privaten Bildungseinrichtung betriebene Anlage bietet Sommer- und Winterkurse an, in denen Kinder mit engem Naturkontakt neue Aspekte der Kultur, ihrer handwerklichen Fähigkeiten und soziale Kompetenzen erlernen.
"Aranya Ideas Camp and Community Centre" in Qinhuangdao © Bu Lei
Das Architekturbüro
Zhang Li, Architekt und Dekan der School of Architecture an der Tsinghua University, gründete 2001 das Architekturbüro TeamMinus, welches heute mehr als 50 Mitarbeiter:innen beschäftigt und sowohl als privates Büro agiert als auch in das Architectural Design and Research Institute der Tsinghua University integriert ist.
Zhang Li ist der Gründer und Hauptpromoter des neuen interdisziplinären Feldes der „Urban Ergonomics“, welches Architektur mit menschlichen Bewegungsmustern verbindet und die positive interaktive Beziehung von Körper und Raum fokussiert, um eine qualitativ hochwertige Stadtentwicklung zu erreichen. Neben seinen Bauten für die Olympischen Spiele war TeamMinus ein entscheidender Akteur in der Shanghai World Expo und anderen nationalen Bauprojekten sowie bei der Rekonstruktion nach dem Erdbeben in Yushu.